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Königswinterer Schiffein den Grachtenvon Amsterdam |
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Seit April 2006 ist die Stadt Amsterdam um eine Attraktion reicher: Nach aufwändiger Restaurierung wurde ein historisches, ehemals in Königswinter gebautes Personenschiff in den Grachten der Stadt neu in Betrieb genommen.
Die "Adeline" repräsentiert nicht nur ein besonderes Kapitel der Sozial- und Wirtschaftsgeschichte am Siebengebirge, sondern auch die Tradition des "Lokalboot-Baus" am Rhein. In Amsterdam zählt das Schiff heute zur Sonderklasse exklusiver Rundfahrtboote. |
Über die Geschichte des Königswinterer Bootsbaus informiert eine Ausstellungsabteilung des Siebengebirgsmuseums. Am Anfang stand der Aufschwung des Tourismus im 19. Jahr- hundert, der zur Personenbeförderung auf dem Rhein einen hohen Bedarf an Nachen und Booten entstehen ließ. Viele dieser zunächst hölzernen Personenboote wurden in heimischen Schreinereien hergestellt. Der erste in Königswinter gebaute eiserne Nachen lief am 5. Februar 1886 vom Stapel. Damit begann eine neue Phase des gewerblichen Bootsbaus. |
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Motor der "Margarethe" Siebengebirgsmuseum Motorboot "Arnold", Königswinter 1893 Länge: 7 m, Breite: 1,5 m, Höchstzahl: 18 Personen |
Einen weiteren wichtigen Einschnitt, speziell für die Königswinterer Rheinschifffahrt, bedeutete die Erfindung des Verbrennungsmotors gegen Ende des 19. Jahrhunderts. Zu dieser Zeit erlebte Königswinter den größten Aufschwung in seiner Geschichte als Fremdenverkehrsort. Schon 1890 fuhr das erste Motorboot auf dem Rhein. Der Konstrukteur Arnold Paßmann sah den Nutzen des neuen Verkehrsmittels für die Förderung des Fremdenverkehrs voraus. Er regte den Königswinterer Schlosser Jean Schmitz, der ursprüng lich Gitter, Tore und eiserne Nachen anfertigte, zum Bau eines Motorbootes an. Mit Hilfe des Monteurs Klunzinger aus der Stuttgarter Motorenfabrik Daimler baute Jean Schmitz ein Boot von knapp 10 Meter Länge und 2 Meter Breite, das mit einem 4 PS starken Zweizylinder-Daimler-Motor ausgerüstet wurde. Kurz vor Weihnachten 1892 war die nach Frau Paßmann benannte "Margarethe" fertig. Schon 1893 folgte ein weiteres "Benzinbötchen", die "Arnold". |
Die Werkstatt von Jean Schmitz wurde einige Jahre später von seinem Lehrling Jean Stauf übernommen. Nach dem ersten Welt- krieg und in den 1920er Jahren widmete sich die Werft aus- schließlich dem Bau von Motorbooten. Die in der Grabenstraße im engen Ortskern gelegene Firma beschäftige durchschnittlich 25 Mitarbeiter, in manchen Jahren bis zu 70 Personen. Zeitweise wurden in der Bootswerft Jean Stauf & Sohn 50 Prozent aller in Deutschland produzierten Motorboote hergestellt. Auch nach dem Zweiten Weltkrieg verzeichnete die Werft noch einmal einen Auftragsboom. links: "Maria Theresia Königin v. Bayern"; Aufnahme 1920er Jahre |
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Transport eines fertigen Schiffes zum Stapellauf an den Rhein Aufnahme 1930er Jahre |
Als jedoch angesichts steigender Touristenzahlen immer häufiger Boote von einer Länge zwischen 20 und 30 Metern gefordert waren, stellte der auf Einzelanfertigung und mittlere Formate spezialisierte Betrieb in den 1950er Jahren die Produktion ein. Die Bootsbauer, die um die Mitte des 19. Jahrhunderts nach den Steinhauern und Winzern an dritter Stelle standen, spielen heute für das Wirtschaftsleben der Stadt Königswinter keine Rolle mehr. |
Rumpf der "Adeline" zu Beginn der Restaurierung |
Für den Betrieb in den engen Amsterdamer Grachten erweist sich heute die Größe der alten Königswinterer Schiffe als ideal. Aus diesem Grund wurden in den zurückliegenden Jahre mehrere Boote instandgesetzt und - unter Namen wie "De Proot van Sint Jan" oder "Jean Schmitz " - für den Verkehr in Amsterdam zugelassen. |
Schiffstaufe 21. April 2006 |
Jüngstes Schiff dieser Herkunft ist die "Adeline ". Die Namengebung geht zurück auf den ursprünglichen Besitzer und Auftraggeber, den Königswinterer Schiffer Emanuel Becker, dessen Schiffe seit 1926 immer den Namen "Adeline" trugen. |
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Kontakt:
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Personenschiffe am Königswinterer Rheinufer Aufnahme um 1950 |
Copyright für alle historischen Fotografien: Siebengebirgsmuseum / Heimatverein Siebengebirge e.V., Königswinter Literaturhinweis: |