Vor 

400 Millionen Jahren ...

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Paläontologische Baubegleitung:

Aegidienberg-Tunnel
-  Neubaustrecke der DB  -

Universität Bonn, Institut für Paläontologie;
Landschaftsverband Rheinland,
Rheinisches Amt für Bodendenkmalpflege, Bonn

 

Flachmeer und Deltasümpfe -
Aegidienberg vor 400 Millionen Jahren

Die Gegend von Aegidienberg war nicht immer ein Mittelgebirge. Bis vor 330 Millionen Jahren erstreckte sich zwischen Aachen und den Alpen ein breiter, überwiegend flacher Meeresarm. Aegidienberg befand sich am Nordrand dieses Meeres.
 

pal-i02k Von Dänemark, das auf dem alten Roten Kontinent lag (Old Red - Kontinent, benannt nach seinen überwiegend roten Ablagerungen), mündeten Flüsse ins Meer und schütteten breite Deltas vor. Ein Absinken des Meeresbodens und Schwankungen des Meeresspiegels führten zu den wechselnden Ablagerungs-bedingungen, die wir heute in den Schichten des Aegidienberg-Tunnels wiederfinden. Die Ablagerungen stellen nur einen kleinen Ausschnitt der Geschichte dieses Urmeeres dar. Sie werden dem sogenannten Siegenium zugeordnet (so  benannt nach seiner Verbreitung an der Sieg), das zur Devon-Periode des Erdaltertums gehört. Sie sind ca. 400 Millionen Jahre alt.
 
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Trilobit (Urkrebs)
Die ehemaligen Lebensgemeinschaften in der Gesteinsfolge von Aegidienberg

Schwankungen der Wassertiefe und die Verlagerung der Deltas führten zu sich ständig verändernden Bedingungen.
Erreichte ein Meeresvorstoß das Gebiet, so besiedelten recht schnell marin angepaßte Tiere den Meeresboden. Das waren insbesondere die Weichtiere Tentaculites und die muschelähnlichen Brachiopoden. Aber auch die krebsartigen Trilobiten tauchten auf.
 

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Kieferloser Fisch
Rhinopteraspis
Wenn die vollmarinen Verhältnisse anhielten, konnten auch die blumenartigen Seelilien Fuß fassen. Das Leben im Wasser war sehr reichhaltig. Die höchstentwickelten Tiere waren Fische. Es gab die kieferlosen Fische, aber auch  Knochenfische wie den Quastenflosser Porolepis. Pendler zwischen dem offenen Meer und den Schilfzonen waren gepanzerte Fische z.B. Rhinopteraspis, die ihre Nahrung im Schlick suchten.
 
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Seeskorpion
 
Relativ schnell rückten dann wieder Deltas vor. Sie schütteten viel Schlick und Sand auf. Schließlich verlandete der Ablagerungsraum und konnte sogar austrocknen. In Lagunen und Vertiefungen und auf dem Delta bildeten sich schilfartige Pflanzenbestände. Muscheln gruben  im Schlick und Seeskorpione lebten zwischen den Pflanzen. Diese Gliedertiere waren die größten Räuber jener Zeit. Scherentragende Seeskorpione wurden bis zu 1,5 m groß.

Diese rasch wechselnden Lebensbedingungen - zwischen Land und Meer - sind alle in den Schichten des Aegidienbergtunnels zu beobachten.

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Taeniocrada, urtüm-
liche Landpflanze des Gezeitenbereiches
  

Die Eroberung des  Festlandes

Zur Zeit des Unterdevons traten die ersten Landpflanzen auf. Das war die Voraussetzung für die Tierwelt, ebenfalls den Schritt an Land zu wagen.

Allerdings gab es nur krautige Vegetation in der Umgebung von Gewässern. Hier traten die ersten, etwas an Trockenheit angepaßten Pflanzen auf, wie z.B. Drepanophycus.

Als erste Landtiere sind spinnenartige Gliedertiere bekannt, die in Großbritannien gefunden wurden.

Ein einmaliges Projekt

Die Neubaustrecke der DB stößt im Bereich des Aegidienbergtunnels ein Fenster in eine faszinierende, uralte Welt auf.

Fossilien sind nach dem nordrhein-westfälischen Denkmalschutzgesetz geschützt; und müssen daher - ähnlich wie archäologische Funde - bei Baumaßnahmen wissenschaftlich ausgegraben werden.
Fachamt für diese paläontologischen Zeugnisse ist das Rheinische Amt für Bodendenkmalpflege in Bonn. Die Ausgrabungen im Aegidienbergtunnel werden ausgeführt von dem Institut für Paläontologie der Universität Bonn.

Die paläontologischen Ausgrabungen längs der Neubaustrecke im Gebiet des Landschaftsverbandes Rheinland sind einmalig in der Bundesrepublik Deutschland, denn:

Zusammen mit den paläontologischen Arbeiten im Siegtunnel zählen sie zu den größten Maßnahmen der paläontologischen Denkmalpflege überhaupt.

Hier wurde erstmals das "Verursacherprinzip" in der paläontologischen Denkmalpflege - d.h. die Finanzierung der Ausgrabung durch die Deutsche Bahn AG - angewendet. Ein Prinzip, welches seither zum Standard der paläontologischen Denkmalpflege im Rheinland gehört.
 

Anschriften:

Universität Bonn,
Institut für Paläontologie,
Nußallee 8,  53115 Bonn
Projektleiter: Priv. Doz. Andreas Braun
Ausgrabungsteam: Dipl. Geol. Thomas Schindler,
Dipl. Geol. Lieselotte Aghai, Dipl. Biol. Andreas Schmitz
Tel.: 0228/ 733103 Fax 0228/ 733509
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Landschaftsverband Rheinland,
Rheinisches Amt für Bodendenkmalpflege,
Endenicher Str. 133, 53115 Bonn
Dr. Renate Gerlach
Tel.: 0228/ 9834127 Fax 0228/ 9834119
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