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Historische Warenautomaten

Beispiele aus der Sonderausstellung des Siebengebirgsmuseums

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Gartmann-Schokolade-Automat
Hersteller: C.H.C. Gartmann, Hamburg-Altona
Baujahr: ab 1903
Land: Deutschland
Wie verlockend, gerade für schokoladebesessene Kinder, muß dieser Automat gewirkt haben? Neben den bunten Emaille-Tafeln an den Gehäusewänden und dem gediegenen Holz-Finish fällt er vor allem durch seine außerordentliche Größe von 174 cm auf. Der Automat »verabfolgt selbständig Vanille Chocolade oder Creme Chocolade«, gibt also zwei Produkte der Hamburger Süßigkeiten-Hersteller aus demselben Schacht im Wechsel aus. Um den Kunden keine unliebsamen Überraschungen zu bereiten, ist in dem vorderseitigen Sichtfenster ersichtlich, was als nächstes für 10 Pfennig entnommen werden kann. Technisch arbeitet das Gerät nach dem simplen Prinzip der Entriegelung. Durch das Einwerfen einer Münze wird ein Sperrmechanismus mit einem viernockigen Rad freigegeben. Die Schokoladenrolle fällt dann durch ihr Eigengewicht in den Entnahmeschacht. Insgesamt ist der Automat sehr elegant gestaltet. Die einem Turm nachempfundene Konstruktion krönt ein vierseitig ausgerichtetes Blechdach mit angedeuteten Dachschindeln, darüber prangt gar eine vergoldete Porzellankugel, die der ganzen Erscheinung eine gewisse Noblesse verleiht.

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Zigarrenautomat
Hersteller: unbekannt
Baujahr: 1897
Land: Deutschland
Eher wie ein kleiner Tempel oder Reliquien-Schrein präsentiert sich dieser Zigarrenautomat aus dem vergangenen Jahrhundert. Das aus schwerem Gußeisen angefertigte Tischgerät wurde reichlich mit Blattwerk und anderen Verzierungen versehen und steht auf einem schlanken, sich verjüngenden Sockel. Die Freunde des schweren blauen Dunstes konnten sich für einen Groschen in Gaststätten, Kneipen und Kolonialwarenläden bedienen. Für diese Münze, die in den Schlitz auf der Kuppel des »Tempels« eingeworfen werden mußte, erhielt man zwei Zigarren. Die Mechanik ist relativ simpel: Durch das Ziehen an dem Knopf am Rumpf des Gerätes wird das Magazin um eine Einheit weitergedreht; die senkrecht stehenden Zigarren gelangen so über den Ausgabeschacht und fallen in die Auffangmuschel. Solche Tischautomaten kamen schon bald nach den ersten Standautomaten auf den Markt. Die formschönen kleinen Selbstverkäufer erfreuten sich sehr schnell großer Beliebtheit. So sind sie auch auf zahlreichen Fotografien oder Stichen verewigt worden, die die Atmosphäre in Cafés und Restaurants jener Zeit wiedergeben.

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Rotkäppchen und der Wolf
Hersteller: Sächsische Türschließer AG, Dresden
Baujahr: ca. 1900
Land: Deutschland
Mit der Aufforderung »Erst Geld fallen lassen, dann ziehen« bot der Süßwaren-Automat »Rotkäppchen und der Wolf« bereits um 1900 Schokolade oder Konfekt feil. Rund 80 Jahre nachdem die Gebrüder Grimm ihre Märchensammlung (Kinder- und Hausmärchen – 1812 bis 1822) vorgelegt hatten, wurde der Automat »Rotkäppchen und der Wolf« gebaut.
Der Benutzer musste nach Einwurf von 10 Pfennig an dem an der Vorderseite des Sockels platzierten Griff ziehen, um über einen Zughebel die Ware freizugeben, die dann in der Entnahmeschale landete.
Die Haltung und der Gesichtsausdruck der Märchenfiguren übten damals wie heute eine ungebrochene Anziehungskraft auf große und kleine Kinder aus.

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Eierlegende Henne
Hersteller: MUM Automaten GmbH, bei Dresden
Baujahr: um 1920
Land: Deutschland
Ganz im Trend ihrer Zeit lag diese Henne, denn nach wie vor erfreuten sich Automaten mit Tiermotiven großer Beliebtheit. Wie bei einer Vielzahl der Vertreter dieses Genres wurden auch hier Süßigkeiten vertrieben, originellerweise in Blecheier verpackt. Eigentlich war das gute Stück ja weniger ein klassischer Warenverkäufer, denn meistens stand es in Lebensmittelgeschäften oder an Kiosken. Es wurden also keine traditionellen Verkaufsstellen ersetzt, sondern diese nur um eine formschöne Attraktion ergänzt. Insofern gehört der »Panzerhenne« eher ein Platz unter den verkaufsfördernden Maßnahmen. Erfolgreich war sie allemal, nicht nur Kinder hatten Freude daran, und die Juroren nationaler und gar internationaler Ausstellungen prämierten dieses sächsische »Federvieh« immer wieder. Kein Wunder, denn außergewöhnlich war die Henne allein schon wegen ihrer sicheren Bauweise aus reinem Gußeisen, was ihr ein Gewicht von 30 bis 40 Kilogramm bescherte. An eines der etwa hundert blechernen Überraschungseier in ihrem Korb gelangte, wer nach Einwurf von 10 Pfennig die frontseitige Kurbel drehte. Je nach Bauart konnte das Gerät noch mittels eines eingebauten Blasebalgs lautes Gegacker von sich geben. Die ersten Vorläufer der »Eierlegenden Henne« sind bereits 1895/96 in Publikationen erwähnt, bedauerlich, daß bis heute nicht ein einziges dieser schönen Exemplare zu finden war.

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Parfüm-Automat
Hersteller: W. Seeger AG & Co., Berlin-Steglitz
Baujahr: ab ca. 1920
Land: Deutschland
Als Ende des 19. Jahrhunderts die technischen Schwierigkeiten des Warenverkaufs über Automaten weitgehend gelöst waren und es der Branche bestens ging, begann die Suche nach neuen Zielgruppen und Absatzmöglichkeiten. Die Deutsche Automaten-Gesellschaft Stollwerck & Co schloß durch ihren Gründer Ludwig Stollwerck einen Vertrag mit dem Pariser Parfümeur Philippe Leoni über gemeinsame Installation und Nutzung eines duftspendenden Automaten. Fortan konnte sich ein jeder in Cafés, Theatern, Restaurants und auf Bahnhöfen mit den feinen Gerüchen aus der Seine-Metropole besprühen lassen. Schnell erfreuten sich die Geräte großer Beliebtheit. In der zweiten großen europäischen Kulturhauptstadt Berlin entstand der hier gezeigte Automat mit vier ausgewählten Düften: Eau de Cologne, Teerose, Vanadia und Alt Lavendel zur Auswahl. Das gewünschte Duftwasser mußte an einem Drehknopf eingestellt werden. Nach dem Münzeinwurf war der Hebel rechts herunterzuziehen. Kaum wurde er losgelassen, sprühte auch schon das eingestellte Parfüm aus den zwei Sprühdüsen auf die davor plazierte Körperstelle. Im Geräteinnern befanden sich vier Flaschen, die mit Schläuchen an eine Pumpe angeschlossen waren. Wie bei jedem Zerstäuber funktionierte der Sprühvorgang durch Unterdruck.
 

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Violetta
Hersteller: Jentzsch & Meerz, Leipzig
Baujahr: 1931
Land: Deutschland
Kurz vor einer wichtigen Begegnung oder mal schnell zwischendurch: Das »Sich-Frisch-Machen« gehört für Männer schon immer zu den geheimnisvollen Ritualen in der Welt der Frauen. Mit oftmals bewunderns-werter Lässigkeit wird die Handtasche geöffnet, nach einigem Kramen der Lippenstift und die kleine goldene Puderdose mit dem Spiegel herausgefischt, der Mund wird rot nachgezogen, ein wenig Rouge auf beide Wangen und schließlich noch diese unglaubliche Geste mit den sich gegenseitig befeuchtenden Lippen. Höhepunkt und abschlie-ßender Akt dieser Zeremonie ist schließlich das Bestäuben des Halses mit den betörendsten Düften.
Doch diesmal, oh Schreck, der Flakon ist nicht aufzufinden. Da nützt es auch nichts, den gesamten Inhalt der Krokotasche auszuleeren. Dürfte ein solcher Fall heutzutage die schiere Panik erzeugen, konnten die Damen vor gut 60 Jahren die Ruhe bewahren. Denn damals gab es die schönen Düfte noch im Automaten. Im Jahre 1931 kam die Firma Stollwerck aus Köln mit dem Parfüm-Spritz-Automaten »Violetta« auf den Markt. Ein unscheinbarer Holzkasten, aufgestellt in Cafés, Restaurants und Theatern, auf Bahnhöfen, in Eisenbahnwagen und Gaststätten, lieferte für einen Groschen wahlweise eines der beiden angebotenen Duftwässerchen per Düse. Ein wenig umständlich konnte dieser Vorgang dann allerdings werden, wenn die gewünschte Duftmarke an einer eher schlecht zugänglichen Stelle aufgebracht werden sollte.

Fortsetzung